Ein Weihnachtsrezept, was sicher nicht Dick macht

Von dem Mundartkabarettist Toni Lauerer geschrieben

Zutaten

  • 1 Familienpackung Vorfreude

  • 1 bis 2 Wochen Besinnung

  • 1 Stange Geduld (am besten geeignet wäre die Sorte „Engelsgeduld”)

  • 1 gehörige Portion Mut

  • je eine mittlere Portion Rücksicht und Verständnis

  • Fantasie nach Belieben

  • 1 Flasche Dankbarkeit

  • 3 bis 4 Stunden Zeit

  • Zufriedenheit als Garnierung

Zubereitung

Man nehme die Familienpackung Vorfreude und verteile sie gleichmäßig auf die ein bis zwei Wochen Besinnung vor dem Fest. Besinnung wird nämlich durch die Vorfreude erfahrungsgemäß leichter und lockerer.

Sobald Besinnung und Vorfreude gut durchmischt sind, nehmen wir ein kleines Stück vom Mut (den größeren Teil heben wir für später auf), je ein Stück Rücksicht und Verständnis und gehen damit in ein Kaufhaus, um die letzten Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Den Mut brauchen wir, um uns in den Trubel zu stürzen, Rücksicht und Verständnis verhindern, dass der Einkauf zu bitter wird.

Rücksicht brauchen wir für die vielen Kinder, die sich nicht sattsehen können und für die älteren Menschen, die sich in dieser Hektik etwas verloren fühlen und sich nicht immer so schnell zurecht finden wie wir. Verständnis müssen wir haben für die Angestellten und Kassiererinnen, die im Weihnachtsstress vielleicht nicht immer so freundlich und aufmerksam sind, wie wir es uns wünschen. Noch ein kleiner Tipp: Eine Prise Hilfsbereitschaft verleiht dem Weihnachtseinkauf oft erst die richtige Würze!

Ja, und während Besinnung und Vorfreude noch vor sich hinköcheln, kommen wir schon zum Hauptgang: Dem Heiligen Abend! Bereits am Nachmittag beim Schmücken des Baumes nehmen wir die Stange Geduld zur Hand. Am besten schneiden wir sie gleich in mehrere Scheiben, denn wir brauchen sie öfters: Beim Fixieren des Baumes im Ständer, beim Entwirren der Lichterkette, bei den Fragen der Kinder, wann endlich das Christkind kommt und bei der Kritik der Gattin, warum man schon wieder nicht den richtigen Baum gekauft hat.

Das ist der beste Zeitpunkt, vorsichtig die Fantasie hinzuzugeben, indem man den Baum als Wunder der Natur preist und mehrere Gründe erfindet, warum es dieser und nur dieser sein musste. Wenn es abends langsam an die Bescherung geht, ist es höchste Zeit für die gehörige Portion Mut. Die brauchen wir, um dem Wunsch der Familie nachzukommen, der Papa solle beim Lied „Stille Nacht” laut mitsingen. Besitzt man nämlich das Gesangstalent eines durchschnittlichen Familienvaters, kann dieser Teil der Bescherung ohne Mut nicht gelingen und bekommt schnell einen faden Beigeschmack. Werden dann die Geschenke verteilt, öffnen wir die Flasche mit der Dankbarkeit und gießen sie gleichmäßig über alle Präsente. Auch wenn es für den Papa wieder die obligatorische Krawatte und das Rasierwasser, für die Mama das fantasielose Bargeld und für die Kinder nicht alle erwarteten Computerspiele, Fahrräder und Handys sind: Mit Dankbarkeit wird jedes Geschenk zum Leckerbissen!

Und wenn man sich nun von der Garnierung ein Stück Zufriedenheit nimmt und es auf der Zunge zergehen lässt, dann merkt man sehr schnell: Alle Geschenke kommen von Herzen, und viele Menschen auf der Welt wären sehr froh, wenn sie überhaupt Weihnachten gesund und mit einem Dach über dem Kopf feiern könnten.

Ja, und damit wäre unser großes Weihnachtsmenü schon fast fertig! Halt – eines fehlt noch: Die Nachspeise! Dafür benötigen wir nur eine Zutat, die kostenlos überall zu haben ist, nämlich
Zeit, so drei bis vier Stunden in etwa. Da sie, wie gesagt, nichts kostet, nehmen wir sie uns einfach, um mit unseren Kindern zu spielen oder mit unserem Partner gemütlich zusammenzusitzen. Wenigstens an Weihnachten sollte dies möglich sein! Und immer daran denken: Eine Zutat nur sehr, sehr sparsam, möglichst überhaupt nicht verwenden – das Fernsehen! Es kann nämlich ein Menü ganz schön verwässern.

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